Der größte Vermögenstransfer in der deutschen Geschichte: 600.000 Unternehmen suchen Nachfolger bis 2028
Deutschland steht vor einem beispiellosen wirtschaftlichen Umbruch: Bis 2028 suchen rund 600.000 kleine und mittelständische Unternehmen einen Nachfolger. Dies ist nicht nur eine beeindruckende Zahl, sondern bedeutet auch den größten Vermögenstransfer in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Schätzungen zufolge geht es um Unternehmenswerte von insgesamt über 300 Milliarden Euro, die in den nächsten Jahren den Besitzer wechseln werden.
Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe dieser Entwicklung, analysiert die Chancen und Herausforderungen und zeigt auf, wie sich sowohl potenzielle Käufer als auch Verkäufer optimal auf diesen historischen Vermögenstransfer vorbereiten können.
Die demographische Zeitbombe im deutschen Mittelstand
Der deutsche Mittelstand, oft als Rückgrat der Wirtschaft bezeichnet, steht vor einem massiven demographischen Problem. Die Babyboomer-Generation, die in den Nachkriegsjahren zahlreiche erfolgreiche Unternehmen aufgebaut hat, erreicht das Rentenalter. Laut Statistiken des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn sind über 40% der Unternehmenseigentümer in Deutschland älter als 55 Jahre.
Die Folgen dieser demographischen Entwicklung sind weitreichend:
- Etwa 600.000 Unternehmen mit rund 3 Millionen Arbeitsplätzen stehen bis 2028 zur Übergabe an
- Nur bei etwa 40% der Familienunternehmen ist die Nachfolge innerhalb der Familie gesichert
- Etwa 30% der Unternehmen finden keinen geeigneten Nachfolger und müssen schließen
Diese Zahlen verdeutlichen die Dramatik der Situation: Ohne erfolgreiche Nachfolgeregelungen droht ein erheblicher Verlust an Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und wirtschaftlicher Substanz.
In unserem Artikel Unternehmensnachfolge gehen wir näher auf die grundlegenden Herausforderungen der Nachfolgeplanung ein.
Warum die familieninterne Nachfolge seltener wird
Traditionell wurden mittelständische Unternehmen in Deutschland innerhalb der Familie weitergegeben. Doch dieses Modell funktioniert immer seltener. Die Gründe hierfür sind vielfältig:
- Demographischer Wandel: Kleinere Familien bedeuten weniger potenzielle Nachfolger
- Veränderte Karrierepräferenzen: Viele Kinder von Unternehmern streben andere berufliche Wege an
- Höhere Qualifikationsanforderungen: Die Komplexität der Unternehmensführung ist gestiegen
- Globalisierung und Digitalisierung: Neue Herausforderungen erfordern neue Kompetenzen
In unserem Artikel Interne Nachfolge: Familie und Mitarbeiter beleuchten wir die Vor- und Nachteile familiärer Nachfolgelösungen im Detail.
Diese Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Unternehmen extern verkauft werden müssen. Die externe Nachfolge durch strategische Käufer oder Finanzinvestoren gewinnt dadurch stark an Bedeutung.
Die volkswirtschaftliche Dimension der Nachfolgewelle
Die schiere Größenordnung dieses Vermögenstransfers hat erhebliche volkswirtschaftliche Implikationen:
- Arbeitsplätze: Ca. 3 Millionen Arbeitsplätze hängen von erfolgreichen Nachfolgeregelungen ab
- Steuereinnahmen: Mehrere Milliarden Euro jährlich für Bund, Länder und Kommunen
- Regionale Wirtschaftsstruktur: Besonders ländliche Regionen sind von erfolgreichen KMU-Nachfolgen abhängig
- Innovationskraft: Mit dem Wegfall von Unternehmen geht auch Innovationspotenzial verloren
Die wirtschaftlichen Folgen gescheiterter Nachfolgen sind enorm. Schätzungen zufolge könnte der gesamtwirtschaftliche Schaden durch nicht realisierte Unternehmensnachfolgen bis 2028 rund 100 Milliarden Euro betragen.
Besonders dramatisch ist die Situation im Handwerk, wo bereits jetzt zahlreiche Betriebe ohne Nachfolger schließen müssen. In unserem Artikel Unternehmensnachfolge im Handwerk beleuchten wir die spezifischen Herausforderungen dieser Branche.
Die Kaufgelegenheit des Jahrhunderts für Unternehmer
Während die Nachfolgesituation aus volkswirtschaftlicher Sicht besorgniserregend ist, bietet sie für kaufinteressierte Unternehmer einmalige Chancen:
- Breites Angebot: Nie zuvor standen so viele solide Unternehmen zum Verkauf
- Moderatere Preise: Das große Angebot sorgt tendenziell für realistische Bewertungen
- Etablierte Geschäftsmodelle: Statt bei null anzufangen, kann man auf Bestehendem aufbauen
- Finanzierungsmöglichkeiten: Banken und Förderprogramme unterstützen Unternehmensnachfolgen
Wie wir in unserem Artikel Nachfolge statt Gründen ausführlich darlegen, bietet der Kauf eines bestehenden Unternehmens oft deutliche Vorteile gegenüber einer Neugründung.
Besonders attraktiv für Käufer: Die Vorteile des Kaufens im Vergleich zum Gründen überwiegen in vielen Fällen.
Finanzierung der Übernahme: Mehr Optionen als je zuvor
Ein zentrales Thema bei Unternehmensübernahmen ist die Finanzierung. Die gute Nachricht: Es gibt heute mehr Finanzierungsmöglichkeiten denn je.
Klassische Finanzierungsoptionen
- Bankfinanzierung: Die Fremdkapitalfinanzierung durch Bankkredite bleibt eine Hauptsäule
- Eigenkapital: Eigenkapitalfinanzierung durch eigene Mittel oder Family & Friends
- Mezzanine-Kapital: Flexible Lösungen wie Nachrangdarlehen oder Genussrechte
Förderprogramme speziell für Nachfolgen
- KfW-Unternehmerkredit: Der KfW-Unternehmerkredit bietet günstige Zinsen
- ERP-Fördermittel: ERP-Fördermittel speziell für Nachfolgen
- Regionale Förderung: Regionale Wirtschaftsförderung mit attraktiven Konditionen
Unser Artikel Finanzierung Firmenübernahme gibt einen umfassenden Überblick über alle relevanten Finanzierungsoptionen.
Für Käufer mit begrenztem Eigenkapital bieten wir spezielle Informationen in unserem Ratgeber Unternehmenskauf finanzieren mit wenig Eigenkapital.
Verkäuferfinanzierung als Schlüssel zum Deal
Ein besonders interessantes Modell, das im Zuge der Nachfolgewelle immer wichtiger wird, ist die Verkäuferfinanzierung. Hierbei bleibt der Verkäufer teilweise in der Finanzierung engagiert, was mehrere Vorteile bietet:
- Geringerer Eigenkapitalbedarf für den Käufer
- Signal der Zuversicht vom Verkäufer in die Zukunft des Unternehmens
- Gleitender Übergang der Verantwortung
Es gibt verschiedene Modelle der Verkäuferfinanzierung:
- Verkäuferdarlehen: Ein klassisches Verkäuferdarlehen mit festen Rückzahlungsraten
- Earn-Out-Regelungen: Bei Earn-Out-Regelungen hängt ein Teil des Kaufpreises vom zukünftigen Erfolg ab
- Stille Beteiligungen: Kombinationen mit stillen Beteiligungen für flexible Übergänge
In unserem Artikel Earn-Out: Erfolgsbeteiligungen für einen fairen Kaufpreis erläutern wir die Details dieser Modelle.
Neue Geschäftsmodelle im Nachfolgemarkt
Die Nachfolgewelle hat auch zur Entstehung innovativer Geschäftsmodelle geführt, die den Markt für Unternehmenskäufe demokratisieren:
Search Funds: Das amerikanische Modell erreicht Deutschland
Search Funds sind ein aus den USA stammendes Modell, bei dem Unternehmer gezielt nach übernahmefähigen Betrieben suchen, diese mit Investorengeldern kaufen und dann selbst führen. Dieses Modell gewinnt auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung.
Die Vorteile:
- Professionalisierung der Unternehmenssuche
- Breiterer Zugang zu Kapital
- Höhere Erfolgswahrscheinlichkeit durch strukturiertes Vorgehen
In unseren Artikeln zu Search Fund Modellen und Search Fund Kapitalbeschaffung gehen wir detailliert auf diese innovative Form der Unternehmensübernahme ein.
Buy-and-Build-Strategien im Mittelstand
Eine weitere Entwicklung sind Buy-and-Build-Strategien im Mittelstand, bei denen Unternehmer oder Investoren mehrere kleinere Firmen einer Branche kaufen und zu größeren, wettbewerbsfähigeren Einheiten zusammenführen.
Diese Strategie bietet:
- Skaleneffekte durch größere Betriebseinheiten
- Synergien in Einkauf, Vertrieb und Verwaltung
- Höhere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber internationaler Konkurrenz
Die Nachfolgeproblematik als Innovationstreiber
Interessanterweise kann die Nachfolge auch als Katalysator für Innovation und Modernisierung wirken, wie wir in unserem Artikel Nachfolge als Innovationstreiber beschreiben.
Junge Nachfolger bringen oft frische Perspektiven mit:
- Digitalisierung: Modernisierung veralteter Geschäftsprozesse
- Neue Geschäftsmodelle: Erweiterung traditioneller Angebote
- Internationalisierung: Erschließung neuer Märkte
- Nachhaltige Ausrichtung: Implementierung von ESG-Kriterien
Besonders im Bereich der Digitalisierung liegt enormes Potenzial. Unser Artikel Digitalisierung KMU mit KI zeigt, wie künstliche Intelligenz auch kleineren Unternehmen neue Perspektiven eröffnen kann.
Die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen
Ein wichtiger Aspekt des Vermögenstransfers sind die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Je nach Rechtsform und Transaktionsstruktur können sich erhebliche Unterschiede ergeben.
Unterschiede nach Rechtsform
Die steuerliche Behandlung variiert je nach Rechtsform des Unternehmens:
- GmbH: Steuerliche Aspekte bei GmbHs
- Einzelunternehmen: Betriebsveräußerung bei Einzelunternehmen
- AG: Verkauf von AG-Anteilen
Asset Deal vs. Share Deal
Eine grundlegende Entscheidung mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen ist die Wahl zwischen:
- Asset Deal: Kauf einzelner Vermögenswerte
- Share Deal: Kauf von Gesellschaftsanteilen
Unser Artikel Unternehmensverkauf: Welche Steuern anfallen gibt einen umfassenden Überblick über die steuerlichen Aspekte.
Praxistipps: So meistern Sie die Nachfolge erfolgreich
Zum Abschluss möchten wir konkrete Handlungsempfehlungen geben, wie Käufer und Verkäufer die Chancen dieser historischen Nachfolgewelle optimal nutzen können.
Für Verkäufer:
- Frühzeitig planen: Beginnen Sie die Nachfolgeplanung idealerweise 3-5 Jahre vor dem geplanten Ausstieg
- Unternehmen vorbereiten: Steigern Sie den Unternehmenswert durch digitale Transformation
- Professionelle Bewertung: Lassen Sie eine realistische Unternehmensbewertung durchführen
- Übergabeprozess strukturieren: Nutzen Sie unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Unternehmensverkauf
Für Käufer:
- Relevante Erfahrung sammeln: Bereiten Sie sich gezielt auf die Übernahme vor
- Finanzierung sichern: Erkunden Sie verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten für eine GmbH
- Due Diligence durchführen: Nutzen Sie unsere Due-Diligence-Checklisten
- Integration planen: Bereiten Sie die ersten 100 Tage nach der Übernahme sorgfältig vor
Für weiterführende Informationen empfehlen wir unsere Checkliste für den Unternehmenskauf und unseren detaillierten Guide Diese 5 Schritte für einen erfolgreichen Unternehmenskauf.
Fazit: Ein historisches Zeitfenster für Unternehmer
Der bevorstehende Vermögenstransfer durch 600.000 Unternehmensnachfolgen bis 2028 stellt Deutschland vor enorme Herausforderungen, bietet aber gleichzeitig einzigartige Chancen für die nächste Generation von Unternehmern.
Wer jetzt die Weichen richtig stellt, kann von dieser historischen Welle profitieren – sei es als Verkäufer, der sein Lebenswerk in gute Hände übergibt, oder als Käufer, der ein etabliertes Unternehmen übernimmt und weiterentwickelt.
Die Zeit zu handeln ist jetzt. Egal ob Sie kaufen oder verkaufen möchten: Lassen Sie sich von Experten beraten und nutzen Sie die umfangreichen Ressourcen auf unserer Plattform, um den Nachfolgeprozess erfolgreich zu gestalten.
Haben Sie Fragen zur Unternehmensnachfolge? Kontaktieren Sie uns – wir helfen Ihnen gerne weiter auf dem Weg zum erfolgreichen Unternehmenskauf oder -verkauf.
Über den Autor:
Christopher Heckel ist Gründer und Geschäftsführer von viaductus, einer Plattform für Unternehmenskauf und -verkauf. Mit umfangreicher Erfahrung in M&A-Transaktionen und als Unternehmer unterstützt er sowohl Käufer als auch Verkäufer bei erfolgreichen Unternehmensübergaben.
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Christopher Heckel
Co-Founder & CTO
Christopher hat als CTO des Mittelstandsfinanziers Creditshelf die digitale Transformation von Finanzlösungen für den Mittelstand geleitet. viaductus wurde mit dem Ziel gegründet, mit Technologie für Unternehmensübernahmen und -verkäufe Menschen zu unterstützen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.
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