Welche Search Fund Modelle gibt es?
Erfahren Sie, welche Search Fund Modelle es gibt. Wie unterscheiden sie sich und welche Vorteile bieten sie?
Im Bereich der Unternehmensnachfolge haben sich verschiedene Search-Fund-Modelle entwickelt, die sich in ihrer Struktur, Finanzierung und operativen Ausrichtung unterscheiden. Diese Modelle bieten unterschiedliche Wege für angehende Unternehmer – sogenannte "Searcher" – ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen und zu führen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Search-Fund-Modelle, ihre spezifischen Merkmale, Vor- und Nachteile sowie ihre Eignung für verschiedene Szenarien.
Was ist die Grundidee hinter allen Search-Fund-Modellen?
Die Grundidee aller Search-Fund-Modelle besteht darin, dass ein unternehmerisch denkender Mensch (der Searcher) mit Unterstützung von Investoren ein bestehendes, profitables mittelständisches Unternehmen übernimmt, anschließend als Geschäftsführer leitet und weiterentwickelt. Der Searcher erhält dabei einen signifikanten Eigentumsanteil am Unternehmen, der an bestimmte Leistungsziele gekoppelt ist.
Trotz dieser gemeinsamen Basis unterscheiden sich die verschiedenen Modelle erheblich in ihrer konkreten Ausgestaltung und Kapitalstruktur.
Welche Hauptmodelle von Search Funds gibt es?
1. Traditioneller Search Fund (Traditional Search Fund)
Der traditionelle Search Fund ist das ursprüngliche Modell, das in den 1980er Jahren an der Stanford University entwickelt wurde.
Merkmale:
- Der Searcher sammelt zunächst Kapital von 10-20 Investoren ein (ca. 20.000-50.000 Euro pro Investor)
- Diese Anfangsfinanzierung deckt das Gehalt des Searchers und die Suchkosten für 1,5-2,5 Jahre
- Die Investoren erhalten das Vorrecht, aber keine Verpflichtung, die Akquisition zu finanzieren
- Nach erfolgreicher Übernahme erhält der Searcher typischerweise 20-30% der Unternehmensanteile in Form von vesting shares
Vorteile:
- Etablierte Struktur mit klaren Erwartungen und bewährten Prozessen
- Starke Investorenbasis mit relevanter Expertise
- Diversifiziertes Investorenrisiko
- Der Searcher kann sich vollständig auf die Suche konzentrieren
Nachteile:
- Höhere Verwässerung der Eigentumsanteile des Searchers
- Komplexere Entscheidungsprozesse durch viele Stakeholder
- Geringere Flexibilität bei der Unternehmensauswahl
- Erwartungsdruck während der Suchphase
Traditionelle Search Funds eignen sich besonders für Searcher mit begrenztem eigenen Kapital, die von der Expertise und dem Netzwerk einer größeren Investorengruppe profitieren möchten.
2. Selbstfinanzierter Search Fund (Self-Funded Search)
Der selbstfinanzierte Search Fund wird auch als "Entrepreneurship through Acquisition" (ETA) oder "Bootstrapped Search" bezeichnet.
Merkmale:
- Der Searcher finanziert die Suchphase aus eigenen Mitteln
- Investoren werden erst für die Akquisitionsphase eingebunden
- Höhere Eigentumsanteile für den Searcher (typischerweise 30-50%)
- Größere Flexibilität bei der Unternehmensauswahl
Vorteile:
- Höhere Eigentumsanteile am übernommenen Unternehmen
- Mehr Autonomie bei Entscheidungen
- Keine Verpflichtungen gegenüber Investoren während der Suchphase
- Flexiblere Zeitplanung und Suchkriterien
Nachteile:
- Höheres persönliches finanzielles Risiko
- Fehlende kontinuierliche Beratung durch Investoren
- Potentiell längere Suchphase durch begrenzte Ressourcen
- Möglicherweise schwierigerer Zugang zu Kapital für die Akquisition
Dieses Modell eignet sich für Searcher mit ausreichenden finanziellen Mitteln für die Suchphase und dem Wunsch nach größerer Unabhängigkeit.
3. Single-Sponsor-Search-Fund
Beim Single-Sponsor-Modell finanziert ein einzelner Investor oder eine kleine Gruppe von Investoren den gesamten Prozess.
Merkmale:
- Ein Hauptinvestor oder eine kleine Investorengruppe unterstützt den Searcher
- Vereinfachte Entscheidungsprozesse und Kommunikation
- Typischerweise enge Partnerschaft zwischen Searcher und Investor
- Oft maßgeschneiderte Vereinbarungen bezüglich Eigentumsanteilen
Vorteile:
- Schnellere Entscheidungsfindung
- Klarere und direktere Kommunikation
- Oft spezifischere und wertvollere Unterstützung
- Potentiell bessere Ausrichtung der Interessen
Nachteile:
- Höhere Abhängigkeit von einem einzelnen Investor
- Geringere Diversifikation der Expertise und Netzwerke
- Möglicherweise stärkerer Einfluss des Investors auf die Geschäftsführung
- Bei Konflikten weniger ausgleichende Stimmen
Das Single-Sponsor-Modell eignet sich für Searcher, die eine enge Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Investor suchen und eine schlankere Entscheidungsstruktur bevorzugen.
4. Search-Fund-Accelerator/Inkubator
In jüngerer Zeit haben sich Accelerator- und Inkubator-Modelle für Search Funds entwickelt.
Merkmale:
- Ein institutioneller Sponsor unterstützt mehrere Searcher gleichzeitig
- Strukturierte Programme mit Training, Mentoring und Ressourcen
- Oft standardisierte Finanzierungs- und Eigentumsstrukturen
- Community-Aspekt und Peer-Learning zwischen Searchern
Vorteile:
- Umfassende Unterstützung und Ausbildung
- Gemeinschaft gleichgesinnter Searcher zum Erfahrungsaustausch
- Institutionelles Wissen und bewährte Methoden
- Oft besserer Zugang zu Deal-Flow
Nachteile:
- Geringere Individualisierung des Prozesses
- Möglicherweise stärkere Steuerung durch den Accelerator
- Potentiell höhere Kosten oder Eigentumsanteile für den Accelerator
- Wettbewerb zwischen Searchern um die besten Übernahmeobjekte
Accelerator-Modelle eignen sich besonders für Searcher mit weniger Erfahrung, die von strukturierter Unterstützung profitieren möchten.
5. Permanent Capital Vehicle (PCV)
Ein neueres Modell im Search-Fund-Bereich ist das Permanent Capital Vehicle.
Merkmale:
- Dauerhafte Kapitalstruktur ohne definiertes Exit-Datum
- Fokus auf langfristigen Wertaufbau und nachhaltiges Wachstum
- Oft mehrere Akquisitionen über die Zeit (ähnlich einer Holding-Struktur)
- Flexiblere Haltezeiten für die übernommenen Unternehmen
Vorteile:
- Sehr langfristige Perspektive ohne Exit-Druck
- Möglichkeit, mehrere Unternehmen zu erwerben und Synergien zu nutzen
- Attraktiv für bestimmte Investorengruppen (Family Offices, Stiftungen)
- Ermöglicht nachhaltigere Unternehmensführung
Nachteile:
- Komplexere Struktur und Governance
- Höhere Anforderungen an die Berichterstattung und Transparenz
- Möglicherweise geringere Attraktivität für Investoren mit klaren Exit-Erwartungen
- Herausforderungen bei der Bewertung und Vergütungsstruktur über längere Zeiträume
PCVs eignen sich für Searcher mit langfristiger Vision und dem Wunsch, eine Unternehmensgruppe aufzubauen.
Wie unterscheiden sich die Kapitalstrukturen bei den verschiedenen Modellen?
Die Kapitalstruktur ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den verschiedenen Search-Fund-Modellen:
Modell | Suchphase | Akquisition | Typischer Eigentumsanteil des Searchers |
---|---|---|---|
Traditionell | 10-20 Investoren finanzieren gemeinsam | Dieselben Investoren haben Vorrecht | 20-30% |
Selbstfinanziert | Eigenmittel des Searchers | Neue Investoren für die Akquisition | 30-50% |
Single Sponsor | Ein Hauptinvestor finanziert | Derselbe Hauptinvestor | 25-40% |
Accelerator | Accelerator + evtl. weitere Investoren | Accelerator + weitere Investoren | 20-30% |
PCV | Permanentes Kapital | Permanentes Kapital | Variabel, oft leistungsbasiert |
Welche Faktoren sollten bei der Wahl des passenden Search-Fund-Modells berücksichtigt werden?
Die Wahl des richtigen Modells hängt von verschiedenen Faktoren ab:
1. Finanzielle Situation des Searchers
- Vorhandenes Eigenkapital
- Bereitschaft zum finanziellen Risiko
- Gehaltsverzicht während der Suchphase
2. Erfahrungshintergrund
- Frühere unternehmerische Erfahrung
- Branchenkenntnisse
- Finanzierungs- und M&A-Expertise
3. Unabhängigkeitsbedürfnis
- Gewünschter Grad an Autonomie
- Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Investoren
- Toleranz für externe Einflussnahme
4. Langfristige Ziele
- Angestrebte Haltedauer
- Exit-Strategien
- Karriereambitionen
5. Netzwerk und Unterstützungsbedarf
- Vorhandenes Netzwerk zu potentiellen Verkäufern
- Bedarf an Mentoring und Beratung
- Wunsch nach Peer-Austausch
Wie unterscheiden sich Search-Fund-Modelle im deutschsprachigen Raum?
In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich Search Funds erst in den letzten Jahren etabliert, wodurch sich einige regionale Besonderheiten ergeben:
- Höhere Bedeutung von Bankenfinanzierung: Im Vergleich zum US-Markt spielen Bankdarlehen eine größere Rolle
- Konservativere Kapitalstrukturen: Typischerweise geringerer Fremdkapitalanteil
- Stärkere Einbindung von Family Offices: Besonders im DACH-Raum sind Family Offices wichtige Investoren
- Fokus auf den Mittelstand: Besonders geeignet für die Nachfolgeproblematik im "Mittelstand"
- Kulturelle Faktoren: Oftmals längere Übergangszeiten mit den Alteigentümern
Welche Erfolgsquoten weisen die verschiedenen Modelle auf?
Basierend auf historischen Daten (vorwiegend aus den USA) zeigen sich folgende Trends:
- Traditionelle Search Funds: Etwa 70-80% finden ein geeignetes Übernahmeziel, historische IRR für Investoren liegt bei 30-35%
- Selbstfinanzierte Search Funds: Geringere Erfolgsquote bei der Akquisition (50-60%), aber höhere Eigentumsanteile
- Single-Sponsor-Modelle: Höhere Erfolgsquote (80-90%) durch gezieltere Unterstützung
- Accelerator-Modelle: Noch wenige Langzeitdaten verfügbar, aber erste Ergebnisse zeigen Erfolgsquoten von 60-75%
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Daten hauptsächlich aus dem US-Markt stammen und nicht ohne Weiteres auf den DACH-Raum übertragbar sind.
Fazit: Welches Search-Fund-Modell passt zu wem?
Die Wahl des optimalen Search-Fund-Modells sollte auf einer sorgfältigen Selbsteinschätzung und den individuellen Zielen basieren:
-
Traditioneller Search Fund: Ideal für Kandidaten mit begrenztem Eigenkapital, die von einer breiten Investorenbasis profitieren möchten und bereit sind, dafür einen geringeren Eigentumsanteil zu akzeptieren.
-
Selbstfinanzierter Search: Passt zu Kandidaten mit ausreichenden finanziellen Mitteln für die Suchphase, die mehr Unabhängigkeit und einen höheren Eigentumsanteil anstreben.
-
Single-Sponsor-Modell: Geeignet für Searcher, die eine enge Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Investor suchen und klare, schnelle Entscheidungswege bevorzugen.
-
Accelerator-Modell: Optimal für weniger erfahrene Searcher, die von strukturierter Unterstützung, Ausbildung und dem Austausch mit Gleichgesinnten profitieren möchten.
-
Permanent Capital Vehicle: Passt zu Searchern mit langfristiger Vision, die mehrere Unternehmen erwerben und eine Gruppe aufbauen möchten, ohne unter Exit-Druck zu stehen.
Letztendlich gibt es kein "bestes" Modell – die Wahl hängt von den individuellen Umständen, Zielen und Präferenzen des Searchers ab. Eine sorgfältige Analyse der eigenen Situation und offene Gespräche mit erfolgreichen Searchern und potentiellen Investoren können helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Das Search-Fund-Konzept in seinen verschiedenen Ausprägungen bietet eine vielversprechende Möglichkeit für unternehmerisch denkende Personen, ein Unternehmen zu übernehmen und zu führen, und stellt gleichzeitig eine attraktive Lösung für die Nachfolgeproblematik im Mittelstand dar.
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