Die 10 häufigsten Fehler von Erstkäufern beim Unternehmenskauf – und wie Sie sie vermeiden

Erfahren Sie, welche typischen Anfängerfehler Erstkäufer beim Unternehmenskauf machen und wie Sie diese vermeiden. Mit praktischen Tipps und Checklisten für einen erfolgreichen Firmenkauf.

12 min Lesezeit

Der Kauf eines Unternehmens ist für viele Erstkäufer eine einmalige Chance – aber auch eine komplexe Herausforderung. Während in Deutschland bis 2028 etwa 600.000 Unternehmen einen Nachfolger suchen, scheitern viele Übernahmen an vermeidbaren Fehlern. Dieser Artikel zeigt Ihnen die 10 häufigsten Stolperfallen und wie Sie diese umgehen können.

1. Warum scheitern so viele Erst­käufer bei der emotionalen Distanz?

Das Problem: Erstkäufer verlieben sich oft in "ihr" erstes Unternehmen. Sie sehen nur die Potenziale und blenden Risiken aus. Diese emotionale Bindung führt zu überhasteten Entscheidungen und überhöhten Kaufpreisen.

Die Lösung:

  • Bewerten Sie mindestens 5-10 Unternehmen parallel
  • Erstellen Sie objektive Bewertungskriterien vorab
  • Holen Sie sich eine neutrale Zweitmeinung ein
  • Setzen Sie sich ein maximales Kaufpreislimit – und halten Sie sich daran
  • Nutzen Sie professionelle Unternehmensbewertung als Orientierung

Praxistipp: Führen Sie ein "Kauftagebuch" mit Pro- und Contra-Listen. Nach einer Woche Abstand sehen viele Dinge anders aus.

2. Wie viel Eigen­kapital brauchen Erst­käufer wirklich?

Das Problem: Viele Erstkäufer unterschätzen den tatsächlichen Kapitalbedarf. Sie kalkulieren nur den Kaufpreis, vergessen aber Nebenkosten, Working Capital und Reserven für die ersten Monate.

Die Lösung:

  • Planen Sie mindestens 20-30% Eigenkapital vom Gesamtkapitalbedarf ein
  • Kalkulieren Sie zusätzlich:
    • Due-Diligence-Kosten (1-3% des Kaufpreises)
    • Notar- und Anwaltskosten (2-5%)
    • Beratungskosten (3-5%)
    • Betriebsmittel für 6 Monate
    • Investitionsrückstau

Finanzierungsalternativen bei wenig Eigenkapital:

Unser Ratgeber Unternehmenskauf finanzieren mit wenig Eigenkapital zeigt weitere Möglichkeiten auf.

3. Warum ist eine ober­flächliche Due Diligence so gefährlich?

Das Problem: Aus Kostengründen oder Zeitdruck sparen Erstkäufer oft bei der Due Diligence. Sie verlassen sich auf Aussagen des Verkäufers und prüfen Unterlagen nur oberflächlich.

Die Lösung:

  • Planen Sie 4-8 Wochen für eine gründliche Due Diligence ein
  • Beauftragen Sie Experten für kritische Bereiche:
    • Finanz-Due-Diligence durch Wirtschaftsprüfer
    • Rechtliche Prüfung durch Fachanwälte
    • Technische Due Diligence bei Produktionsunternehmen
  • Nutzen Sie strukturierte Due-Diligence-Checklisten

Kritische Prüfbereiche, die oft übersehen werden:

  • Abhängigkeit von Großkunden (>20% vom Umsatz)
  • Kündigungsfristen bei Schlüsselmitarbeitern
  • Auslaufende Miet- oder Lieferverträge
  • Versteckte Verbindlichkeiten und Garantien
  • Investitionsrückstau bei Maschinen und IT

Die Due-Diligence-Kosten sind gut investiertes Geld – sie schützen vor teuren Überraschungen.

4. Welche Branchen­kenntnisse sind für Erst­käufer unverzichtbar?

Das Problem: Viele Erstkäufer kaufen in fremden Branchen, weil das Unternehmen "günstig" erscheint. Ohne Branchenkenntnisse übersehen sie branchenspezifische Risiken und Marktveränderungen.

Die Lösung:

  • Fokussieren Sie sich auf Branchen, die Sie kennen
  • Arbeiten Sie mindestens 6-12 Monate in der Zielbranche
  • Knüpfen Sie Kontakte zu Brancheninsidern
  • Analysieren Sie Branchentrends und -studien
  • Prüfen Sie die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells

Branchen mit guten Einstiegschancen für Erstkäufer:

Warnsignale bei der Branchenwahl:

  • Stark regulierte Märkte ohne entsprechende Expertise
  • Branchen mit hohem Digitalisierungsdruck
  • Märkte mit sinkender Nachfrage

5. Wie bewerten Erst­käufer Unternehmen richtig?

Das Problem: Erstkäufer zahlen oft zu viel, weil sie keine objektive Unternehmensbewertung durchführen. Sie glauben den Preisvorstellungen des Verkäufers oder nutzen unpassende Bewertungsmethoden.

Die Lösung:

  • Nutzen Sie mehrere Bewertungsmethoden parallel:
    • Ertragswertverfahren
    • Multiplikatorverfahren
    • Substanzwertverfahren
  • Berücksichtigen Sie branchenübliche Multiples
  • Ziehen Sie einen neutralen Gutachter hinzu
  • Prüfen Sie die Nachhaltigkeit der Erträge

Typische Bewertungsfehler:

  • Einmaleffekte werden als nachhaltige Erträge gewertet
  • Investitionsrückstau wird nicht berücksichtigt
  • Abhängigkeit vom Alteigentümer wird unterschätzt
  • Marktveränderungen werden ignoriert

Faustregeln für realistische Bewertungen:

  • KMU: 3-5x nachhaltiges EBITDA
  • Handwerk: 0,5-1,5x Jahresumsatz
  • IT-Dienstleister: 0,8-1,2x wiederkehrender Umsatz

6. Warum unter­schätzen Erst­käufer die Integrations­phase?

Das Problem: Nach dem Kauf beginnt die eigentliche Arbeit. Viele Erstkäufer haben keinen Plan für die Integration und unterschätzen den Aufwand der Übergangsphase.

Die Lösung:

  • Erstellen Sie einen 100-Tage-Plan vor dem Kauf
  • Planen Sie die ersten 100 Tage nach der Übernahme detailliert
  • Kommunizieren Sie früh und transparent mit Mitarbeitern
  • Sichern Sie Know-how-Transfer vom Verkäufer
  • Halten Sie Schlüsselmitarbeiter mit Anreizen

Kritische Integrationsbereiche:

  • Mitarbeiterführung und Kulturwandel
  • Kundenbindung und Lieferantenbeziehungen
  • IT-Systeme und Prozesse
  • Finanz- und Controlling-Strukturen

Praxistipp: Vereinbaren Sie eine Übergangsbegleitung durch den Verkäufer für 3-6 Monate. Dies erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit erheblich.

7. Welche Vertrags­klauseln übersehen Erst­käufer häufig?

Das Problem: Der Kaufvertrag ist komplex. Erstkäufer übersehen oft wichtige Klauseln oder verstehen deren Tragweite nicht. Dies kann später teuer werden.

Die Lösung:

  • Lassen Sie jeden Vertrag von einem spezialisierten Anwalt prüfen
  • Achten Sie besonders auf:
    • Garantien und Gewährleistungen
    • Haftungsbeschränkungen
    • Earn-Out-Regelungen
    • Wettbewerbsverbote
    • Change-of-Control-Klauseln

Oft übersehene Vertragsrisiken:

  • Zu kurze Verjährungsfristen für Mängelansprüche
  • Fehlende Absicherung bei Falschaussagen
  • Unklare Definition von Kaufpreisanpassungen
  • Keine Regelung für Übergangsphase

Wichtige Vertragsbestandteile:

  • Detaillierte Unternehmensbeschreibung
  • Vollständige Garantiekataloge
  • Angemessene Sicherheiten (Bankbürgschaft, Kaufpreiseinbehalt)
  • Klare Übergaberegelungen

8. Wie gehen Erst­käufer mit bestehenden Mitarbeitern um?

Das Problem: Unterschätzung der Mitarbeiterbindung. Nach dem Inhaberwechsel kündigen oft Schlüsselmitarbeiter, weil sie dem neuen Chef nicht vertrauen oder Veränderungen fürchten.

Die Lösung:

  • Führen Sie vor dem Kauf Gespräche mit Schlüsselmitarbeitern
  • Erstellen Sie einen Kommunikationsplan für die Belegschaft
  • Bieten Sie Bleibeanreize für wichtige Mitarbeiter
  • Respektieren Sie die bestehende Unternehmenskultur
  • Implementieren Sie Änderungen schrittweise

Erfolgsfaktoren der Mitarbeiterführung:

  • Persönliche Vorstellung in den ersten Tagen
  • Einzelgespräche mit allen Führungskräften
  • Klare Vision kommunizieren
  • Ängste ernst nehmen und adressieren
  • Quick Wins gemeinsam feiern

Warnsignale:

  • Hohe Fluktuation in den ersten Monaten
  • Sinkende Produktivität
  • Zunehmende Krankheitstage
  • Negative Stimmung im Team

9. Warum vernach­lässigen Erst­käufer die Kunden­kommunikation?

Das Problem: Kunden sind oft verunsichert bei einem Eigentümerwechsel. Ohne proaktive Kommunikation wandern sie zur Konkurrenz ab.

Die Lösung:

  • Informieren Sie Hauptkunden persönlich vor der Übernahme
  • Garantieren Sie Kontinuität in Service und Qualität
  • Stellen Sie sich persönlich bei wichtigen Kunden vor
  • Bestätigen Sie bestehende Verträge und Konditionen
  • Zeigen Sie Wertschätzung durch kleine Gesten

Kommunikationsfahrplan:

  1. Tag 1: Information der A-Kunden
  2. Woche 1: Rundschreiben an alle Kunden
  3. Monat 1: Persönliche Besuche bei Top-20-Kunden
  4. Quartal 1: Kundenevent oder Einstandsaktion

Erfolgsmessung:

  • Kündigungsquote < 5% in den ersten 6 Monaten
  • Stabile oder steigende Umsätze
  • Positive Kundenrückmeldungen

10. Welche Nach­kauf­überraschungen treffen Erst­käufer unvorbereitet?

Das Problem: Trotz Due Diligence tauchen nach dem Kauf oft unerwartete Probleme auf. Erstkäufer haben dafür keine Reserven eingeplant.

Die häufigsten Überraschungen:

  • IT-Systeme sind veraltet und müssen erneuert werden
  • Wichtige Prozesse hängen am Alteigentümer
  • Investitionsrückstau ist größer als gedacht
  • Kundenverträge haben versteckte Kündigungsklauseln
  • Lieferantenkonditionen verschlechtern sich

Die Lösung:

  • Planen Sie 20-30% Puffer im Budget ein
  • Vereinbaren Sie Garantien für wichtige Aussagen
  • Nutzen Sie Earn-Out-Modelle zur Risikoverteilung
  • Behalten Sie einen Teil des Kaufpreises zurück
  • Schließen Sie eine M&A-Versicherung ab

Risikominimierung durch Vertragsgestaltung:

  • Kaufpreisanpassungsklauseln
  • Erweiterte Garantiekataloge
  • Längere Begleitung durch Verkäufer
  • Stufenweiser Unternehmensübergang

Fazit: Mit der richtigen Vor­bereitung zum erfolg­reichen Unternehmens­kauf

Der Unternehmenskauf bietet Erstkäufern einmalige Chancen – gerade in Zeiten, in denen 600.000 deutsche Unternehmen einen Nachfolger suchen. Die hier beschriebenen Fehler sind vermeidbar, wenn Sie strukturiert vorgehen und professionelle Unterstützung nutzen.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren zusammengefasst:

  1. Emotionale Distanz wahren
  2. Ausreichend Kapital einplanen
  3. Gründliche Due Diligence durchführen
  4. In bekannten Branchen kaufen
  5. Objektive Bewertung erstellen
  6. Integration sorgfältig planen
  7. Verträge professionell prüfen lassen
  8. Mitarbeiter einbinden
  9. Kunden proaktiv informieren
  10. Reserven für Überraschungen einplanen

Ihre nächsten Schritte:

Der Weg zum eigenen Unternehmen durch Kauf statt Gründung ist eine hervorragende Alternative – wenn Sie die typischen Anfängerfehler vermeiden. Mit der richtigen Vorbereitung und professioneller Begleitung steht Ihrem Erfolg als Unternehmer nichts im Wege.

Über den Autor

Christopher Heckel

Christopher Heckel

Co-Founder & CTO

Christopher hat als CTO des Mittelstandsfinanziers Creditshelf die digitale Transformation von Finanzlösungen für den Mittelstand geleitet. viaductus wurde mit dem Ziel gegründet, mit Technologie für Unternehmensübernahmen und -verkäufe Menschen zu unterstützen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

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